Im letzten Jahr organisierte Shell eine Besichtigungstour zur Bio-Methangasanlage in Kvaers. Sie ist vergleichbar mit der in Karstädt geplanten Anlage. Es sind nur wenige mitgefahren (13 Leute) und sie kamen zurück mit der Botschaft: Es stinkt gar nicht! Allerdings sind sie nur auf die Anlage selbst geführt worden. Ende Januar 2024 sind Mitglieder der Bürgerinitiative auf eigene Faust zwei Tage dort gewesen, um sich bei den Anwohnenden nach deren Erfahrungen zu erkundigen. Im Netz konnte man nämlich lesen, dass Nature Energy in Kvaers bei Wartungen der Anlage ein SMS-Gestankwarnsystem für alle anbietet, die im Umkreis von 2 Kilometern wohnen. Wir wollten wissen: wie oft ist das und wie heftig riecht es. Dabei haben wir erfahren: Gestank bei Wartungsarbeiten ist nicht das Hauptproblem. Je nach Windrichtung stinkt es nämlich immer. Unsere Mitglieder haben es vor Ort selbst gerochen. Und sie haben an den Häusern geklingelt und die Leute befragt.
Was stinkt da?
Es stinkt nicht, wie man erwarten könnte, nach Gülle, sondern nach faulen Eiern, nach Kloake. Das ist der Geruch von Schwefelwasserstoff, einem sehr giftigen Gas. Hohe Konzentrationen können tödlich sein. Schwefelwasserstoff mischt sich schlecht mit Luft und fällt nach unten. Selbst bei starkem Wind war der Geruch wahrnehmbar, berichten die beiden BI-Mitglieder. Und er setze sich in die Nasenhaare, so dass man ihn eine ganze Weile lang mitnimmt.
Ein Ingenieur hat uns erklärt: Wenn es nicht nach Gülle riecht, sondern nach faulen Eiern, kommt der Geruch aus dem 60 Meter hohen Abluft-Schornstein. Auf der Anlage selbst riecht man nichts, weil der Geruch vom Schornstein aus weggetragen wird.
Woher kommt der Geruch?
Bei der Produktion von Bio-Methangas wird zunächst Biogas poduziert, das anschließend zu reinem Methangas veredelt wird. Biogas enthält neben Methangas viel CO2 und Schwefelwasserstoff und das muss raus. CO2 wird abgeschieden und der Schwefelwasserstoff soll durch Bakterienkulturen abgebaut werden. Die Bakterienkulturen sind in einem doppelten Abluftfilter im Schornstein. Wenn das nicht funktioniert, stinkt es eben nach faulen Eiern. Die Anlage in Kvaers ist aktuell die modernste überhaupt. An veralteter Technik kann es also nicht liegen. Es ist auch normal, dass es in der Anfangszeit riecht. Es dauert, bis die bakterielle Reinigung funktioniert. Das sollte aber nach einigen Wochen erledigt sein. Die Anlage ist jetzt aber schon seit November 2022 in Betrieb und das Geruchsproblem ist immer noch massiv.
Was erleben die Anwohner?
Verschiedene Anwohner haben erzählt, dass es je nach Windrichtung 2 – 3 Stunden täglich riecht. Man könne im Sommer nicht die Fenster auflassen, weil man nicht weiß, wann es riecht. Es wird auch berichtet, dass der Geruch schon nachts ins Haus gedrungen ist und Kopfschmerzen verursachte. Lüften nutze nichts, weil es ja von draußen kommt. Manche sagen, sie konnten im letzten Jahr ihren Garten kaum nutzen. Andere berichten von Geruchsproblemen 2 Mal pro Woche und das mehr als einen Kilometer entfernt. Bei Beschwerden bekämen sie von den Angestellten auf der Anlage die Antwort, es sei ihnen peinlich, aber sie könnten nichts machen. Allein eine Familie, mit der wir gesprochen haben, hat sich im letzten Jahr 34 Mal erfolglos beschwert.
Beschrieben werden auch massive Probleme mit Geräuschen, die vermutlich von den Rührgeräten der Substratbehälter und von Pumpen kommen. Die Tonlage gehe immer rauf und runter und mache einen nervös. Außerdem wird von spürbaren Vibrationen berichtet, vermutlich von den Kompressoren, wenn das Gas in die Überlandleitung eingespeist wird.
Ist das repräsentativ?
Es gibt einen großen Erfahrungspool. Einwohner der umliegenden Dörfer tauschen sich in der facebook-Gruppe Nejtilbiogas.dk – Vi siger nej tak til biogasanlæg i Kværs og Snurom mit über 470 Mitgliedern über die Probleme aus.
Wir haben nach unserer Rückkehr 3 Regionalzeitungen gesichtet. Es gibt eine ganze Reihe von Artikeln darüber und es kommen verschiedene Anwohner zu Wort. Die letzten beiden Artikel, die wir in der Regionalzeitung zu dem Problem gefunden haben, sind von Januar 2024. Die Zeit, in der wir auch da waren. Der Betriebsleiter Jepsen räumt in einem Artikel Probleme ein, sagt aber: Eine ganz geruchsfreie Anlage könne es auch nicht geben, wenn es gelänge, die Probleme zu beheben. „Ich kann daher verstehen, dass die Anwohner lieber auf die Anlage verzichten würden.“
Und das stinkt zum Himmel:
In Kvaers erfahren unsere BI-Mitglieder: Auch den Anwohnern dort wurde gesagt, die Anlage sei geruchsfrei und leise, und es gebe gar keinen Grund zur Sorge. Auch in Kvaers hieß es, bei den bereits gebauten Anlagen gebe keine Probleme. Und auch in Kvaers wurde eine Busfahrt auf eine andere Nature-Energy-Anlage organisiert, um zu zeigen, dass es auf der Anlage nicht stinkt.